„HEIMAT IST NICHT NUR EIN ORT“
JOHANNES LOY BEIM HEIMATVEREIN EPE
Heimat – was ist das eigentlich? Wie unterschiedlich Menschen im Münsterland diese Frage beantworten, davon konnten sich die Besucher einer Lesung am Donnerstagabend bei Ammertmann überzeugen. Vor der Mitgliederversammlung hatte der WN-Feuilleton-Chef Johannes Loy, der vom Heimatverein eingeladen worden war, aus seinem Sammelband vorgelesen. Dabei zitierte er viele Autoren seines Buches, die ihre Heimat aus so unterschiedlichen Perspektiven beschrieben hätten. Der Begriff Heimat gewinne gegenwärtig große Aufmerksamkeit; Es sei nicht nur die Süddeutsche Zeitung, der Bundespräsident oder der Westfälische Heimatbund, der den Begriff der Heimat in besonderer Weise betone; erst dadurch, dass ganze Heerscharen von Menschen durch Flucht ihre Heimat verlören, mache uns deutlich, wie wichtig und vielschichtig diese Begriff sich darstelle.
Das Wort „Heimat“ habe in Zeiten von Flucht und Migration, aber auch im Hinblick auf Jugendkultur und Netzwelt eine neue, ganz aktuelle Bedeutung gewonnen. Aus diesem Grund initiierte Johannes Loy , Feuilleton-Chef unserer Zeitung ein Buch, das 2016 erschien und im Verlag Aschendorff erschienen war. Auf die Frage, was denn nun Heimat, antwortet Loy: Es gebe viele kluge Definitionen für Heimat. „Heimat ist da, wo ich verstehe und verstanden werde“, sagte etwa der Philosoph Karl Jaspers. Für ihn persönlich könne er Heimat konkret und zugleich vielschichtig festmachen: Die am stärksten prägende Heimat sei sicher der christliche Glaube und die Familie. Münster und das Münsterland vermitteln ihm ebenfalls das Gefühl, hier verwurzelt zu sein. Aber auch die Kultur im Allgemeinen oder die Musik könne ihm zutiefst Heimatliches vermitteln.
Heimat dürfe niemals wieder etwas sein, das in Heimattümelei und Abwehr des Fremden umschlage. Der aktuelle, auch im Buch gepflegte Heimatbegriff umschreibe eher etwas Kostbares, das man auch anderen Menschen mitteilen, dass man also im Wortsinn teilen möchte. Viele Heimatvereine im Münsterland hätten schon kapiert, dass es nicht damit getan sei, Ruhebänke und Maibäume aufzustellen. Sie zeigen den Neuankömmlingen die neue Heimat, weil sie etwas über ihr Zuhause erzählen möchten. Gerade deshalb befassen wir uns mit dem alten Begriff Heimat, weil er in unserer Zeit von Krieg, Flucht und Migration wieder so neu und wertvoll erscheine.
Die Mitautoren des Buches und er hätten erneut erfahren und beschrieben, dass Heimat nicht nur ein Ort ist. Wenn er dabei das Wort „Ort“ betone, meine dies, dass Heimat eine Sprache, eine spirituelle Erfahrung, das Klavier oder der Bücherschrank und die Facebook-Gruppe sein könne. Betone er das Wort „ein“, dann weil Heimat sich auf mehrere Länder und Orte beziehen könne. Es gebe die alte und neue Heimat, manche Menschen hätten mehrere „Heimaten“. Dass es dieses Wort im Plural gibt, sei auch eine wichtige Erkenntnis des Buches. Es sei von entscheidender Bedeutung, das Gute und Bewährte dieser Region mit ihren tüchtigen und kreativen Menschen zu bewahren und zugleich immer wieder offen in Kontakt zu treten mit der kulturellen Vielfalt unserer Zeit und Welt. Kaum etwas fände er dümmer als provinzielle Genügsamkeit oder weinerliches Westfalen-Gehabe. Die Kulturszene hierzulande habe sich davon auch längst verabschiedet. Wir sollten also keine Minderwertigkeitskomplexe pflegen, sondern mit unseren Talenten wuchern und zugleich die große weite Welt mit ihren Gaben bei uns gastlich aufnehmen. Dann denken wir nicht mehr allein lokal und regional, sondern „glokal“ – im Sinne einer gesunden Mischung von lokal und global. Die Welt sei, auch kulturell gesehen, längst ein Dorf und „Wir sitzen in einem Boot. Das sehen und erleben wir jeden Tag neu“.